Bei einem Stadtspaziergang entlang dem Grünband Innenstadt schilderte Constanze Keuter, Leiterin des Bereichs Grünplanung, Friedhöfe und Forsten bei der Hansestadt Lüneburg, die geplanten Maßnahmen rund um das Förderprojekt. Gar nicht so einfach, Naherholung, Biotopschutz und die unterschiedlichen Wünsche von Bürger:innen unter einen Hut zu bringen!

Stadtspaziergang Grünband Innenstadt am 2. Juli 2022. Foto: FUSS e.V. Lüneburg.


“Stadtspaziergang Grünband Innenstadt” am 2. Juli 2022 – Bericht

Foto: FUSS e.V. Lüneburg. Stadtspaziergang Grünband Innenstadt am 2. Juli 2022. Constanze Keuter (Mitte) beschreibt an der Station Liebesgrund, welche Maßnahmen hier durchgeführt werden.

Im Rahmen der Wandelwoche 2022 veranstaltete FUSS e.V. Lüneburg am Samstagnachmittag, 2. Juli 2022, gemeinsam mit dem VCD Elbe-Heide und der Initiative Lüneburg Barrierefrei einen Stadtspaziergang entlang dem Grünband Innenstadt.

Über zwanzig Personen hatten sich am Treffpunkt Basteihalbinsel (Bastion) eingefunden. Constanze Keuter, Leiterin des  Bereichs Grünplanung, Friedhöfe und Forsten bei der Hansestadt Lüneburg, hatte sich bereit erklärt, den Stand und die geplanten Maßnahmen rund um das Förderprojekt Grünband Innenstadt zu erläutern.

 

Innerstädtisches Grün: Außerordentliche Bedeutung für Naherholung und Binnenklima

Der Klimawandel führt dazu, dass sich insbesondere Städte stark aufheizen. Biologe und BUND-Mitglied Ansgar Suntrup wies auf die Folgen hin – die so genannte Übersterblichkeit. Laut einer wissenschaftlichen Studie kosteten die zwischen 2018 und 2020 stark gestiegenen Temperaturen allein in Deutschland insgesamt knapp 20.000 Menschen das Leben.[1]

Welche Anpassungen können den Einwohner:innen in Lüneburg helfen, mit hohen Temperaturen zurechtzukommen? Innerstädtisches Grün spielt dabei eine besondere Rolle: Bäume spenden Schatten und besonders Rasenflächen tragen durch die Verdunstung zur aktiven Abkühlung bei, so Suntrup.

  • [1] Spiegel.de: Übersterblichkeit durch Hitze. Die tödlichen Folgen der Klimakrise in Deutschland – mehr
  • KOMMUNAL: Klima-Studie. So heizt die Stadt sich weniger auf – mehr

Ein weiterer Schwerpunkt der Veranstaltung waren die Wegeverbindungen entlang dem Grünband: Wie gut und angenehm war man hier zu Fuß bzw. mit Hilfsmitteln wie Rollator und Rollstuhl unterwegs? Dazu füllten die Teilnehmenden an jeder Station einen kleinen Fragebogen aus. Die Ergebnisse sind in Vorbereitung und werden gesondert veröffentlicht.

 

Station 1: Basteihalbinsel / Bastion – Förderprojekt mit 10 Jahren Laufzeit

Constanze Keuter stellte zunächst das Vorhaben vor: Das Grünband Innenstadt ist ein städtebauliches Förderprojekt und reicht insgesamt über zehn Jahre bis zum Jahr 2029. Es umfasst im Wesentlichen die innerstädtischen Grünanlagen Kalkberg, Scunthorpeplatz, Liebesgrund, Kreidebergsee und Basteihalbinsel.

Die Vorhaben müssen schrittweise Jahr für Jahr umgesetzt werden. Dafür liegt ein Rahmenplan vor, der 2020 im Rat beschlossen wurde. Die Detailplanung wird jeweils ortsbezogen entwickelt. Dabei ist man auch im Austausch mit den Anliegern und Verbänden.

Grundsätzlich gilt es, immer wieder die Balance zu finden zwischen dem Bedarf an Naherholung und dem Wunsch, die Naturflächen zu erhalten. Die Grünfläche an der Bastion und der Spielplatz wurden bereits zu einem früheren Zeitpunkt neu gestaltet.

Zum Nachlesen

  • Hansestadt Lüneburg: Rahmenplan Grünband Innenstadt (2020), PDF-Datei – mehr
  • Hansestadt Lüneburg: Gestaltungsideen zum Rahmenplan (2020), PDF-Datei – mehr
  • Hansestadt Lüneburg: Weitere Unterlagen und Informationen – mehr

Reichenbachplatz – Verkehrsplanung in Vorbereitung

Der Reichenbachplatz wurde bei der Begehung ausgespart. Als Problem wird hier im Rahmenplan “Fehlende Verknüpfung zu den angrenzenden Quartieren und Freiraumstrukturen” genannt. Eine Fußverbindung zwischen der Basteihalbinsel und Im Wendischen Dorfe gibt es nicht. Es müssen erhebliche Umwege in Kauf genommen werden.

Hier liegt noch keine Planung für die Grüngestaltung vor, denn es müssen zunächst Verkehrsplanungen (geplanter Übergang Bastion-Im Wendischen Dorfe, Busverkehr u.a.) abgewartet werden. Vorgesehen ist ein Toilettenhäuschen an einer Stelle, die auch für zukünftige Umgestaltungen geeignet ist.

 

2. Station: Kreidebergsee – Schwerpunkt Naherholung

Geplant sind hier baulich veränderte Zugänge von der Innenstadt und ein attraktiver Spielplatz. In diesem Bereich liege der Akzent, so Keuter, klar auf der Naherholung. Ein Problem hier seien die privaten Feiern, durch die sich Anwohnende gestört fühlten. Aus diesem Grund soll der Spielplatz auf der Ostseite aufgelöst und umgestaltet werden.
Der Bereich der Kleingärten gehört, wie Frau Keuter erläuterte, nicht zum Grünband Innenstadt, da es Vereinsgelände sei.

Mit Rollstuhl oder Rollator erreicht man die stadtnahen Zugänge im Süden des Sees, rechts und links vom Parkplatz, aufgrund der Oberfläche und der Neigung nicht oder nur äußerst mühsam. Das fiel bei der Begehung auf.

 

3. Station: Liebesgrund – Dilemma Landschaftspflege und Beleuchtung

An dieser Station beschrieb Frau Keuter das Dilemma der Landschaftspflege. Grundlage für die gärtnerischen Arbeiten ist immer ein Pflegeplan bzw. ein Mähkonzept. Manche Bürger:innen wünschen sich jedoch die Grünflächen naturnah, andere empfinden das wiederum als ungepflegt und klagen über “Vernachlässigung”.

Gegebenenfalls würde die zuständige AGL-Service GmbH einen “Sauberkeitsstreifen” direkt an den Gehwegen mähen – als optische Botschaft, dass man sich sehr wohl um die Anlage kümmert.

Außerdem wies Frau Keuter auf die Beleuchtung hin. Auch dies Thema wird kontrovers wahrgenommen. Manche Bürger:innen wünschen sich eine helle Beleuchtung. Andere lehnen Laternen ab zum Schutz der Insekten. Bewegungsmelder könnten eine Lösung sein, doch auch diese würden von manchen kritisch gesehen (“Dann weiß der Übeltäter ja genau, wenn jemand kommt”).

Ein Ausweg sei orangefarbenes Licht, das störe die Insekten nicht, so Keuter. Es sei möglich, das zu dimmen und in Verbindung mit einem Bewegungsmelder wieder heller zu machen.

Daher würde von Fall zu Fall über den Lichtbedarf entschieden. Auch würden die Lampen selbst so gestaltet, dass sie nur dorthin abstrahlen, wo ihr Licht auch benötigt wird.

 

4. Station: Scunthorpe-Platz – Dilemma Untergrund

Im Scunthorpe-Platz wurden an ausreichend sonnigen Stellen Blühwiesen angelegt. Die Wegeflächen hier sind gebundene Oberfläche, also begehbar und befahrbar, dabei gleichzeitig wasserdurchlässig.
Allerdings: Wenn es nass ist, sacken die Räder von Fahrrädern, Rollstühlen und Rollatoren hier ein und beschädigen die Oberfläche. Dann ist es schwierig, hier unterwegs zu sein. Dadurch ausgefahrene Stellen erwiesen sich auch bei Trockenheit nicht gut geeignet für Rollator und Rollstuhl. 

Im Scunthorpe-Park wurde erstmals oranges Licht (1.800 Kelvin) verwendet, um die Jagdreviere und Flugrouten der Fledermäuse zu erhalten und so möglichst wenig zu beeinträchtigen.

 

5. Station: Kalkberg – Schwerpunkt Biotop-Schutz

Im Bereich um den Kalkberg, erläuterte Frau Keuter an dieser letzten Station, stehe klar die Natur und die Erhaltung des Biotops im Vordergrund. Besonders hob sie den Artenreichtum an Tieren und Pflanzen hervor, der bei Kartierung und Monitoring festgestellt wurde. Der Kalkberg ist eines der ältesten Naturschutzgebiete Deutschlands und wird vom BUND betreut. Die Ausstellung im alten Gipsofen lädt zum Forschen und Entdecken ein.

Für den Kreidebergsee und den Kalkberg wurden jeweils ein Pflege- und Entwicklungsplan (PEP) beauftragt. Darin werden verschiedene Maßnahmen sowie Pflege- und Entwicklungshinweise erarbeitet, so dass die für den Naturschutz wertvollen Bereiche auch zukünftig erhalten bleiben. Gleichermaßen werden auch Maßnahmen benannt, die den Menschen zugutekommen. Dieser „Konflikt“ zwischen Erholung und Naturschutz soll jeweils geregelt werden, so dass sich dies nicht ausschließt.

 

Abschluss: Dank für die Erläuterungen – mehr Verständnis für die Entscheidungen der Stadt

Die Schilderungen von Frau Keuter und ihre Darstellung der Komplexität der Themen beeindruckte die Zuhörenden. “Sehr interessant”, “Gut, dass Sie einmal erklärt haben, wie schwierig das ist”, “Da versteht man die Entscheidungen doch besser”, das waren einige der Kommentare. Mit einem anerkennenden Applaus endete der Stadtspaziergang. Auch die Ortsgruppe von FUSS e.V. dankt Frau Keuter sehr herzlich für ihre Beteiligung und ihr Engagement!

 

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Stadtspaziergang: FUSS e.V. 02.07.2022. Karte: Openstreetmap Mitwirkende.